Die letzte Witwe

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Die letzte Witwe

eBook1. Auflage (1. Auflage)

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Overview

Ein neuer Fall für Sara Linton und Will Trent

Zwei gewaltige Explosionen reißen Gerichtsmedizinerin Sara Linton und ihren Partner, Special Agent Will Trent, aus der sommerlichen Idylle. Sie sind geübt darin, in Notsituationen zu helfen. Doch als sie an diesem Tag den Sirenen folgen, führt ihr Instinkt sie mitten hinein in das dunkle Herz einer mächtigen Neonazi-Gruppierung. Zu spät erkennt Sara, dass sie direkt in eine Falle läuft.
Will kann nur noch hilflos zusehen, wie Sara zur Gefangenen wird. Jetzt muss er alles riskieren und verdeckt ermitteln. Denn die Spuren des FBIs lassen keine Zweifel: Der Anführer des Netzwerks geht für seine Zwecke über ein Meer aus Leichen. Kann Will Sara finden, bevor es zu spät ist?

  • »Ich bewundere und verehre Karin Slaughter seit vielen Jahren. Ich verschlinge ihre Werke wie ein Abhängiger, mit den bekannten Nebeneffekten ihrer in Buchform verpackten Drogen: Angstzustände, Herzrasen und Schlaflosigkeit. Gäbe es eine Hall of Fame für Thriller, würde ich ihr dort einen Ehrenplatz einräumen!«
    Sebastian Fitzek
  • »Explosiv!« Super Freizeit
  • »Die wohl häufigste Todesursache bei Karin-Slaughter-Fans: Atemstillstand durch Serien-Spannung.« Kulturnews
  • »Meisterin des Suspense in Hochform.« TV Star
  • »Karin Slaughter zählt zu den talentiertesten und stärksten Spannungsautoren der Welt.« Yrsa Sigurðardóttir
  • »Jeder neue Thriller von Karin Slaughter ist ein Anlass zum Feiern!« Kathy Reichs
  • »Besser kann ein Roman nicht sein.« Jeffery Deaver
  • »Slaughter, die die Geschehnisse minutiös aus verschiedenen Perspektiven schildert, hat ein Händchen für Dramaturgie.« FOCUS Online
  • »Spannend und aufreibend« Morgenpost am Sonntag

Product Details

ISBN-13: 9783959678964
Publisher: HarperCollins Publishers
Publication date: 08/01/2019
Series: Georgia-Serie , #9
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 560
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

About The Author
Karin Slaughter ist eine der weltweit berühmtesten Autorinnen und Schöpferin von über 20 New York Times-Bestseller-Romanen. Dazu zählen »Cop Town«, der für den Edgar Allan Poe Award nominiert war, sowie die Thriller »Die gute Tochter« und »Pretty Girls«. Ihre Bücher erscheinen in 120 Ländern und haben sich über 40 Millionen Mal verkauft. Ihr internationaler Bestseller »Ein Teil von ihr« ist 2022 als Serie mit Toni Collette auf Platz 1 bei Netflix eingestiegen. Eine Adaption ihrer Bestseller-Serie um den Ermittler Will Trent läuft derzeit erfolgreich auf Disney+, weitere filmische Projekte werden entwickelt. Slaughter setzt sich als Gründerin der Non-Profit-Organisation »Save the Libraries« für den Erhalt und die Förderung von Bibliotheken ein. Die Autorin stammt aus Georgia und lebt in Atlanta. Mehr Informationen zur Autorin gibt es unter www.karinslaughter.com

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Sonntag, 4. August, 13.37 Uhr

Sara Linton lehnte sich zurück und murmelte: »Ja, Mama.« Sie fragte sich, ob je der Tag kommen würde, an dem sie zu alt war, um von ihrer Mutter übers Knie gelegt zu werden.

»Komm mir nicht mit diesem beschwichtigenden Tonfall!« Der Gifthauch von Cathys Zorn hing über dem Küchentisch, wo sie wütend einen Berg grüner Bohnen über einer Zeitung putzte. »Du bist nicht wie deine Schwester. Du bist nicht so flatterhaft. Erst Steve in der Highschool, dann Mason – aus Gründen, die ich noch immer nicht verstehe –, dann Jeffrey.« Sie blickte über den Rand ihrer Brille. »Wenn du dich für Will entschieden hast, dann entscheide dich richtig für ihn.«

Sara wartete darauf, dass ihre Tante Bella noch ein paar fehlende Männer hinzufügte, aber Bella spielte nur mit der Perlenkette an ihrem Hals und trank ihren Eistee.

»Dein Vater und ich sind seit fast vierzig Jahren verheiratet«, fuhr Cathy fort.

»Ich habe nie behauptet ...«, setzte Sara an.

Bella machte ein Geräusch, das irgendwo zwischen Husten und dem Niesen einer Katze lag.

Sara beachtete die Warnung nicht. »Mom, Wills Scheidung ist eben erst rechtskräftig geworden. Ich bin immer noch dabei, mich in meinem neuen Job zurechtzufinden. Wir genießen unser Leben. Du solltest dich für uns freuen.«

Cathy brach eine Bohne, als würde sie jemandem das Genick brechen. »Schlimm genug, dass du mit ihm zusammen warst, als er noch verheiratet war.«

Sara atmete tief ein und hielt die Luft an.

Sie sah auf die Uhr über dem Herd.

13.37 Uhr.

Es fühlte sich eher an wie Mitternacht, und sie hatten noch nicht einmal zu Mittag gegessen.

Sie atmete langsam aus und konzentrierte sich auf die köstlichen Düfte in der Küche. Dafür hatte sie ihren Sonntag geopfert: Brathähnchen, das auf der Anrichte abkühlte. Kirschpastete, die im Ofen buk. Butter, die auf dem Herd in der Pfanne mit Maisbrot zerfloss. Kekse, Felderbsen, Schwarzaugenbohnen, Süßkartoffelsoufflé, Schokoladenkuchen, Pekannusstarte und Eiskrem, die so fest war, dass darin fast der Löffel abbrach.

Eine Woche Fitnessstudio mit sechs Stunden Training am Tag würde den Schaden nicht wettmachen, den sie ihrer Figur heute antat, aber Saras einzige Sorge war, dass sie womöglich vergaß, ein paar Reste mit nach Hause zu nehmen.

Cathy brach eine weitere Bohne und riss Sara aus ihrer Träumerei.

In Bellas Glas klirrte das Eis.

Sara lauschte dem Rasenmäher im Garten. Aus Gründen, die sie nicht verstand, hatte Will sich ihrer Tante als Wochenendgärtner zur Verfügung gestellt. Die Vorstellung, er könnte von dieser Unterhaltung versehentlich etwas mitbekommen, verursachte ihr Gänsehaut.

»Sara.« Cathy holte hörbar tief Luft, ehe sie weitermachte, wo sie eben aufgehört hatte. »Du wohnst jetzt praktisch mit ihm zusammen. Seine Sachen hängen in deinem Schrank. Sein Rasierzeug, die ganzen Toilettenartikel stehen bei dir im Badezimmer herum.«

»Ach, Schätzchen.« Bella tätschelte Saras Hand. »Teil dir bloß nie ein Badezimmer mit einem Mann.«

Cathy schüttelte den Kopf. »Das wird deinen Vater umbringen.«

Es würde ihren Vater zwar nicht töten, aber er würde auch nicht glücklich darüber sein, so wie er bei keinem Mann je glücklich war, der etwas von seinen Töchtern wollte.

Weshalb Sara auch nichts über ihre Beziehung erzählte.

Zumindest war das ein Grund dafür.

Sie versuchte, wieder die Oberhand zu gewinnen. »Ist dir klar, dass du gerade zugegeben hast, in meinem Haus herumzuschnüffeln, Mom? Ich habe ein Recht auf meine Privatsphäre!«

»Ts-ts«, machte Bella. »Ach, ist das süß, dass du das tatsächlich glaubst, Kleines.« Sara versuchte es noch einmal. »Will und ich wissen, was wir tun. Wir sind keine verknallten Teenager, die sich im Flur Zettelchen zustecken. Wir verbringen gern Zeit miteinander. Das ist alles, was zählt.«

Cathy stöhnte, aber Sara war nicht so dumm, das nachfolgende Schweigen fälschlicherweise als Zustimmung zu deuten.

»Die Expertin hier bin ja wohl ich«, sagte Bella. »Ich war fünf Mal verheiratet und ...«

»Sechs Mal«, unterbrach Cathy.

»Schwesterherz, du weißt, die eine wurde annulliert. Lass das Kind doch selbst herausfinden, was es will.«

»Ich schreibe ihr ja nicht vor, was sie tun soll. Ich gebe ihr nur Ratschläge. Wenn es ihr nicht ernst ist mit Will, dann muss sie eben weitersuchen, bis sie einen Mann findet, mit dem sie es ernst meint. Für unverbindliche Beziehungen ist sie zu vernünftig.«

»›Lieber ohne Vernunft als ohne Gefühl ...‹«

»Ich würde Charlotte Brontë für das emotionale Wohlergehen meiner Tochter eher nicht zurate ziehen.«

Sara rieb sich die Schläfen, um einen leichten Kopfschmerz zu vertreiben. Ihr Magen knurrte, aber das Mittagessen würde erst um zwei serviert werden, was keine Rolle spielte, denn wenn sie dieses Gespräch noch lange fortsetzten, würde eine von ihnen – wenn nicht alle drei – in dieser Küche verenden.

»Hast du den Artikel gelesen, Schatz?«, fragte Bella.

Sara blickte hoch.

»Meinst du nicht, sie hat ihre Frau getötet, weil sie eine Affäre hatte? Ich meine, eine der beiden hatte eine Affäre, deshalb hat die eine Frau die mit der Affäre getötet.« Sie blinzelte Sara zu. »Genau das haben die Konservativen befürchtet: Die gleichgeschlechtliche Ehe hat das Pronomen bedeutungslos gemacht.«

Sara fiel es schwer, ihr zu folgen, bis sie begriff, dass Bella sich auf einen Artikel in der Zeitung bezog. Michelle Spivey war vor vier Wochen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums entführt worden. Sie war Wissenschaftlerin bei den CDC, den Centers for Disease Control, der Behörde für Seuchenkontrolle und – prävention, was zur Folge hatte, dass das FBI die Ermittlungen übernahm. Das Foto in der Zeitung stammte aus Michelles Führerschein. Es zeigte eine attraktive Frau Ende dreißig mit einem Funkeln in den Augen, das selbst die miserable Kamera in der Kfz-Zulassungsbehörde eingefangen hatte.

»Hast du die Geschichte verfolgt?«, fragte Bella.

Sara schüttelte den Kopf. Sie konnte es nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen traten. Ihr Mann war vor fünf Jahren getötet worden. Das Einzige, was in ihrer Vorstellung noch schlimmer sein konnte, als einen geliebten Menschen zu verlieren, war die Ungewissheit, ob dieser Mensch tatsächlich tot war oder nicht.

»Ich tippe auf einen Auftragsmord«, sagte Bella. »Das stellt sich in solchen Fällen doch meistens heraus. Die Frau hat sich ein neueres Modell zugelegt und musste das alte loswerden.«

Sara hätte das Thema fallen lassen sollen, denn es regte Cathy sichtlich auf. Doch eben weil sich Cathy sichtlich aufregte, antwortete sie: »Ich weiß nicht. Ihre Tochter war dabei, als es geschah. Sie hat gesehen, wie ihre Mutter in einen Van gezerrt wurde. Es ist vielleicht naiv, das zu sagen, aber ich glaube nicht, dass ihre andere Mutter dem Kind so etwas antun würde.«

»Fred Tokars hat seine Frau vor den Augen der Kinder erschießen lassen.«

»Dabei ging es um die Lebensversicherung, oder? Und war er nicht in zwielichtige Geschäfte verwickelt? Gab es nicht auch eine Verbindung zur Mafia?«

»Und er war ein Mann. Tendieren Frauen nicht eher dazu, mit ihren Händen zu töten?«

»Könnten wir um Gottes willen aufhören, am Tag des Herrn über Mord zu sprechen?« Cathy platzte endlich der Kragen. »Und ausgerechnet du, liebe Schwester, solltest nicht über betrügerische Ehepartner spekulieren.«

Bella ließ die Eiswürfel in ihrem Glas klirren. »Wäre ein Mojito bei dieser Hitze nicht nett?«

Cathy klatschte in die Hände, sie war mit dem Bohnenputzen fertig. »Du bist keine Hilfe«, sagte sie zu Bella.

»Ach, Schwesterchen, man sollte sich nie an Bella wenden, wenn man Hilfe braucht.« Sara wartete ab, bis Cathy ihr den Rücken zukehrte, bevor sie sich schnell über die Augen wischte. Doch Bella hatte ihre Tränen sehr wohl gesehen, und das bedeutete, dass die beiden darüber reden würden, sobald Sara die Küche verließ. Warum heulte sie eigentlich? Sara konnte sich ihre Weinerlichkeit beim besten Willen nicht erklären. In letzter Zeit konnte sie alles aus der Fassung bringen, vom rührseligen Werbespot bis zum traurigen Liebeslied im Radio.

Sie nahm die Zeitung und tat so, als würde sie den Artikel lesen. Es gab keine neuen Meldungen zu Michelle Spiveys Verschwinden. Ein Monat war schon zu lang. Selbst ihre Frau hatte aufgehört, um die Freilassung zu flehen, und bat Michelles Entführer nur noch darum, das Versteck der Leiche mitzuteilen.

Sara schniefte, ihre Nase lief. Statt nach einer Papierserviette zu greifen, wischte sie mit dem Handrücken darüber.

Sie kannte Michelle Spivey nicht, aber letztes Jahr hatte sie Michelles Frau, Theresa Lee, bei einer Veranstaltung der Emory Medical School kennengelernt, auf der Ehemalige ihre Erfahrungen an Studenten weitergaben. Lee war Orthopädin und Professorin an der Emory. Michelle arbeitete als Epidemiologin für die CDC. Dem Artikel zufolge hatten die beiden 2015 geheiratet, was wahrscheinlich hieß, dass sie sich das Jawort gegeben hatten, sobald es rechtlich möglich war. Dabei waren sie vorher bereits fünfzehn Jahre ein Paar gewesen. Sara nahm an, dass sie nach zwei Jahrzehnten des Zusammenlebens herausgefunden hatten, wie sie mit den zwei häufigsten Trennungsgründen klarkamen: der Temperatureinstellung für den Thermostat, und was für ein ungeheuerliches Verbrechen es war, vorgeblich nicht zu bemerken, dass der Geschirrspüler ausgeräumt werden musste.

Andererseits war sie nicht die Eheexpertin im Raum.

»Sara?« Cathy lehnte mit verschränkten Armen an der Küchentheke. »Ich werde es jetzt rundheraus sagen.«

Bella kicherte. »Versuch es mal.«

»Es ist in Ordnung, weiterzumachen«, sagte Cathy. »Ein neues Leben mit Will aufzubauen. Wenn du wirklich glücklich mit ihm bist, dann sei glücklich. Wenn nicht – worauf zum Teufel wartest du?«

Sara faltete die Zeitung sorgfältig zusammen. Ihr Blick ging wieder zur Uhr.

13.43 Uhr

»Ich mochte Jeffrey, möge er in Frieden ruhen«, sagte Bella. »Er hatte dieses stolze Auftreten. Aber Will ist so süß. Und er liebt dich, Schatz.« Sie tätschelte Saras Hand. »Er liebt dich von ganzem Herzen.«

Sara kaute auf der Unterlippe. Ihr Sonntagnachmittag sollte sich nicht in eine spontane Therapiesitzung verwandeln. Sie musste sich nicht über ihre Gefühle klar werden, denn sie war mit einem ganz anderen Problem beschäftigt, das den ersten Akt jeder romantischen Komödie bestimmte: Sie hatte sich bereits in Will verliebt, aber sie wusste nicht, wie sie ihn lieben sollte.

Mit Wills sozialer Unbeholfenheit konnte sie umgehen, aber seine Unfähigkeit zur Kommunikation hatte ihre Beziehung beinahe zerstört. Nicht nur einmal oder zweimal, sondern bereits mehrere Male. Zunächst hatte sie sich eingeredet, dass er sich von seiner besten Seite zu zeigen versuchte. Das war normal. Sie selbst hatte ein halbes Jahr verstreichen lassen, ehe sie ihren normalen Pyjama angezogen hatte, bevor sie zu Bett ging.

Ein Jahr später behielt er immer noch alles für sich. Idiotische Dinge, die keine Rolle spielten, etwa dass er länger arbeiten musste, dass sich sein Basketballspiel in die Länge zog, dass sein Fahrrad unterwegs kaputtgegangen war, dass er einem Freund versprochen hatte, ihm am Wochenende beim Umzug zu helfen. Er wirkte immer sehr erschrocken, wenn sie wütend auf ihn war, weil er ihr solche Dinge nicht mitteilte. Sie wollte ihn nicht überwachen. Sie wollte einfach wissen, was sie zum Abendessen einkaufen sollte.

So ärgerlich solche Vorkommnisse waren, es gab andere Dinge, die schwerer wogen. Es war nicht so, dass Will sie belog. Er fand nur raffinierte Ausflüchte, nicht die Wahrheit sagen zu müssen. Ob es nun um eine gefährliche Situation in seiner Arbeit ging oder um ein schreckliches Detail aus seiner Kindheit oder, schlimmer noch, um eine weitere Gräueltat dieser boshaften, narzisstischen Schlampe, die seine Exfrau war.

Sara verstand, worin dieses Verhalten begründet lag. Will war in Heimen und bei Pflegefamilien aufgewachsen, wo er missbraucht und vernachlässigt worden war. Seine Exfrau hatte seine Empfindungen als Waffe gegen ihn eingesetzt. Er hatte im Grunde nie eine gesunde Beziehung gehabt. Und es lauerten ein paar wirklich scheußliche Geister in seiner Vergangenheit. Vielleicht wollte er Sara davor beschützen. Vielleicht wollte er sich selbst schützen. Fest stand jedenfalls, sie hatte verdammt noch mal keine Ahnung, weil er nicht zugab, dass das Problem überhaupt existierte.

»Sara, Schatz«, sagte Bella. »Was ich dir sagen wollte ... Ich musste neulich daran denken, wie du während deines Studiums hier gewohnt hast. Weißt du noch?« Sara lächelte bei der Erinnerung an ihre Collegezeit, aber dann fing sie den Blick auf, den ihre Tante und ihre Mutter wechselten.

Gleich würden sie eine Bombe platzen lassen.

Sie hatten sie mit der Aussicht auf Brathähnchen hierhergelockt.

»Ich will ehrlich sein, Kleines«, sagte Bella. »Dieser alte Kasten wird deiner lieben Tante Bella allmählich zu viel. Was hältst du davon, wieder hier einzuziehen?« Sara lachte, aber dann sah sie, dass ihre Tante es ernst meinte.

»Ihr beide könntet alles schön herrichten, es zu eurem Zuhause machen«, sagte Bella.

Saras Lippen öffneten sich, aber sie fand keine Worte.

»Schau, Schatz.« Bella hielt Saras Hand fest. »Ich hatte immer vor, es dir in meinem Testament zu vermachen, aber mein Steuerberater sagt, es wäre vorteilhafter, es dir jetzt gleich als Treuhandvermögen zu überschreiben. Ich habe bereits eine Anzahlung auf eine Eigentumswohnung in der Stadt geleistet. Du und Will könntet noch vor Weihnachten hier einziehen. Die Eingangshalle ist groß genug für einen sieben Meter hohen Weihnachtsbaum, und es gibt jede Menge Platz für ...«

Sara erlebte einen momentanen Hörsturz.

Sie hatte das prächtige alte Haus im georgianischen Stil, das kurz vor der Großen Depression erbaut worden war, immer geliebt: sechs Schlafzimmer, fünf Bäder, eine zum Apartment umgebaute Garage mit zwei Zimmern, ein aufgehübschter Gartenschuppen und eineinhalb Hektar Land in einem der wohlhabendsten Bezirke der Stadt. Zehn Minuten Autofahrt und sie war in der Innenstadt. Ein Spaziergang von zehn Minuten und sie stand auf dem Campus der Emory University. Das Viertel gehörte zu den letzten Gestaltungsaufträgen, die der Landschaftsarchitekt Frederick Law Olmsted vor seinem Tod angenommen hatte, und die Parks und Bäume fügten sich wundervoll in den Fernbank Forest ein.

Es war ein verlockendes Angebot – bis sie zu rechnen anfing.

Bella hatte seit den 1980ern nichts mehr erneuert. Heizung und Klimaanlage. Sanitärund Elektroinstallationen. Ausbesserungen am Putz. Neue Fenster. Neues Dach. Neue Dachrinnen. Der ganze Ärger mit dem Denkmalschutzamt wegen kleinster architektonischer Details. Vom Zeitaufwand ganz zu schweigen, denn Will würde möglichst viele Arbeiten selbst durchführen wollen, und bald würden sie an Saras spärlichen freien Abenden und an den langen faulen Wochenenden über Malerfarben und Geld debattieren.

Geld.

Das war das eigentliche Hindernis. Sara hatte sehr viel mehr davon als Will. Dasselbe hatte auch für ihre Ehe gegolten. Sara würde nie Jeffreys Gesichtsausdruck vergessen, als er zum ersten Mal den Kontostand ihres Wertpapierdepots gesehen hatte. Sara hatte buchstäblich das Quietschen hören können, mit dem sich seine Eier in den Körper zurückgezogen hatten. Sie hatten sich nur mit viel Zuwendung wieder hervorlocken lassen.

»Und natürlich kann ich bei den Grundsteuern helfen, aber ...«, sagte Bella.

»Danke«, versuchte Sara zu Wort zu kommen. »Das ist sehr großzügig, aber ...«

»Es könnte ein Hochzeitsgeschenk sein.« Cathy lächelte süß, als sie sich an den Tisch setzte. »Wäre das nicht schön?«

Sara schüttelte den Kopf, aber nicht über ihre Mutter. Was war nur los mit ihr? Warum machte sie sich Sorgen, wie Will reagierte? Sie hatte keine Ahnung, wie viel Geld er besaß. Er bezahlte alles bar. Ob es daran lag, dass er Kreditkarten nicht vertraute oder dass sein Konto überzogen war – das war ein weiteres Gespräch, das sie nicht führten.

»Was war das?« Bella hielt den Kopf schief. »Habt ihr nichts gehört? Wie Feuerwerkskörper oder so?«

Cathy beachtete sie nicht. »Du und Will, ihr könnt das hier zu eurem Zuhause machen. Und deine Schwester kann die Wohnung über der Garage nehmen.«

Schon wieder hatte ihre Mutter eine Bombe platzen lassen. Ihre Mutter versuchte nicht nur, die Kontrolle über Saras Leben zu erlangen – sie wollte Tessa auch gleich mit erledigen.

»Ich glaube nicht, dass Tessa noch einmal über einer Garage wohnen will«, sagte Sara.

»Lebt sie nicht zurzeit in einer Lehmhütte?«, fragte Bella.

»Pst, Schwesterherz.« Cathy wandte sich an Sara. »Hast du mit Tessa mal darüber gesprochen, ob sie wieder nach Hause ziehen will?«

(Continues…)


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